nachtwache. seetag VI Sieht aus, als wäre es eine lange Nacht zum Schreiben. — Irgendwo zwischen zappen- und zappenzappenduster gleiten wir im Jupiterschein unter einer hellen Milchstraße durch die Planktongalaxie. — Kurs 174 Grad. Unter Motor. Seit Stunden. Für Stunden. Es macht nicht den Anschein als würde der Wind zunehmen. — Pünktlich um Mitternacht, als ich Michael zur Wache ablöse, fällt der erste Stern vor mir. Wooosh. Willkommen in der Nachtwache. — Langsam wird es kühler. Die Kleidung wärmer. Wobei es immer noch sehr angenehm draußen ist. Und so sitze ich mit Lady Grey, meinem Schwarztee, draußen im Cockpit und genieße. Es ist 00:31 Uhr. — genuss. * Was genieße ich? Ich genieße die Weite des Ozeans um mich herum. Die Seeluft, den Blick in die Sterne und in die Planktongalaxie. Tagsüber erfreue ich mich an dem Blick weit über die Wellentäler hin zum Horizont. Ich genieße das Schwanken, die Geräusche des Windes und der Wellen. Ich geniesse es, Wolkenbilder anzuschauen, von ziehenden Elefantenherden, über Alladins Lampe bis hin zu… aufkommenden Wasserstürmen. Aufkommende was? Ja, Wasserstürme. Sieht aus wie ein Hurrikan, ist es aber nicht. War trotzdem erst etwas beunruhigend, zu sehen wie sich dieser Finger (Wirbel) nach unten bildet und immer länger wird, aber erstens war er noch relativ weit weg und zweitens hat er sich dann aufgelöst. Ich genieße die Ruhe. Insbesondere wenn der Motor aus ist. Aber da ist noch mehr. Ich genieße die internetfreie Zeit und freue mich gleichzeitig darüber, dass es das ansonsten gibt. Dieses Internet, samt seiner großartigen Möglichkeiten ‚connected’ zu sein. Arbeiten zu können, von der ganzen Welt aus, Kontakt zu haben, zu telefonieren oder sich via Video zu sehen, als säße man sich gegenüber. Es bringt uns einander näher, selbst wenn wir auf der anderen Seite der Erde sind. Das ist schon abgefahren. Und ich finde, das macht auch das Langzeit-Reisen noch viel schöner. * Aber kommen wir zurück auf die internetfreie Zeit (das Wort wird mir als falsch angemarkert, vermutlich gibt es das gar nicht. Oder schreibt man: Internet freie Zeit?) an Bord. Nichts im ‚world wide web‘ ist mal eben erreichbar. Keine Recherche, kein „ich guck mal eben“. Mittlerweile habe ich ne ganze Liste, was ich nachgucken möchte, wenn wir wieder Netz haben, ok, hätte ich, wenn ich angefangen hätte die Dinge auf zu schreiben, doch dazu fehlte mir die Muße bis jetzt und ich werde mir das sicher nicht alles merken können. Internetfrei heißt auch, nicht ständig über alles da draußen informiert zu sein. Keine Nachrichten, keine News und Fakenews, gar nix. Und alleine dieser Umstand hat hier bei uns an Bord für sehr viel Ruhe gesorgt. Denn bis einschließlich zum Tag der Abreise hatten wir fast jeden Tag lange und teils hitzige Gespräche und Diskussionen über das Weltgeschehen. Nicht immer einer Meinung und oft sehr ausdauernd. Ich erinnere mich, dass wir mal einen halben Tag mit einer Diskussion verbrachten und trotz mehrerer Versuche zu stoppen, doch immer wieder neu anfingen. Es gab kein Ende. Mit Ausbleiben der Nachrichten von außen, hörte es schlagartig auf. Das ist mir tatsächlich aber erst gestern bewusst geworden. * Nun, nur weil wir etwas nicht sehen, oder hören können, heißt es nicht, dass es nicht da ist. Das ist mir schon klar, aber nur weil wir uns stundenlang an einem Thema aufhängen, und doch zu keinem Konsens kommen, heißt es auch nicht, dass sich dadurch etwas ändern würde. Ich jedenfalls merke, dass es mir deutlich besser geht, wenn ich mich nicht jeden Tag mit allen Nachrichten der Welt „bombardiere“. Die Informationsflut, die einen mittlerweile überrennt, sobald man online ist, ist einfach zu enorm. Und ehrlich, wem oder was soll man denn bitte glauben? Es gibt so viel mehr als schwarz und weiß. Und es gibt so viel Lenkung. * Also versuche ich daran zu glauben, vor allem das zumindest glauben zu können, was ich selbst sehe. Ja, und auch dafür sind wir auf Reise. Um uns selbst einen Eindruck von dieser wunderschönen Welt zu verschaffen. * Ich gebe zu, mitten auf dem Ozean zu sein, fernab von jeglicher Zivilisation, fernab von allem, könnte man jetzt auch ein bisschen als eine Art Zuflucht für Träumer bezeichnen. Es ist so ein Geschenk. Ich kann jedem zusprechen selbst einmal für 7-14 Tage oder länger auf hohe See zu fahren. Und sich insbesondere für die Nachtwache anzubieten. — mehr. meer. — Was mich angeht kann ich sagen, es verbindet mich so mit dem Jetzt und hier, mit den Elementen, mit mir, meinen Gedanken, dem Sein, dass ich merke, wie ich jeden Tag ruhiger werde und mehr in meiner Mitte bin. Wenig Einfluss von außen, einfach mal mit sich sein. Und der Welt. * Auf See zu sein ist eine Obsession. Mehr Meer, bitte. * Nach wie vor genieße ich die Gesellschaft. Das gemeinsame Essen und die einkehrende Routine an Bord. Es ist schön wenn jeder für sich ist oder wir ab und an alle zusammenglucken. Im Gegensatz zu der Cruising-Time auf den Fijis kommt das aber sehr selten vor.
Ich freue mich jeden einzelnen Tag darüber hier sein zu dürfen und zu können. Über die Sonnenauf- und -Untergänge, derer ich einfach nicht satt werde, die auf Grund meiner Wachschaft aktuell jedoch nicht ganz so Beachtung geschenkt bekommen, wie die Wochen zuvor. Nicht schlimm, dafür habe ich die Nächte an Deck. Und schon könnten wir wieder mit Sternen und anderen Galaxien weiter machen. — 01:57 Uhr. Alles ruhig. Bis auf der Motor. Dann kommt noch hinzu, dass ich mich jeden Tag, wenn ich mich unter oder über Deck bewege des Schiffes erfreue. Sie ist so schön. Auch gefallen mir die Symmetrien die man an Bord von Segelyachten findet. Ein Traum. Ich werde nicht müde, mir diese bewusst zu machen und sie anzuschauen. * Es ist 02:56 Uhr. Gerade habe ich eine uuutzlange Sternschnuppe mit riesigem Schweif gesehen. Die war der Hammer. Netterweise ist sie quasi in Zeitlupe verglüht. So hatte ich besonders lange etwas davon. Ich liege hier dick eingepackt, sogar mit Decke im Centercockpit, wir motoren immer noch. Der Wind ist nicht konstant, bricht immer wieder zusammen, daher hatte ich mich bisher gegen einen Versuch entschieden, wieder unter Segel zu gehen. Das sollte so nicht sein. Wir sollten segeln. Egal in welche Richtung. Hach, wenn da nicht der Zeitdruck wäre. – 1.12. Neuseeland. * Jetzt ist eine grüne Sternschnuppe über mir verglüht. So eine habe ich nun auch noch nie zuvor gesehen. * Noch knapp eine Stunde. Jetzt noch eine Runde Ausguck und Instrumente checken und vielleicht gibt es nachher ja noch etwas aus einer der Galaxien um mich herum zu berichten… — 04:05 Uhr. Heute pünktlich auf Koje. Jasmin hat die Wache übernommen und kurz kam Michael dazu. Jetzt wird das Segel ganz runter genommen. Wind is dying. — Kann noch anschließend berichten, Satellitenzeit ist hier wohl kurz vor vier. Es waren plötzlich so viele, dass sie -glaube ich- die Anzahl der von mir gesichteten Sternschnuppen übertreffen. Aber auch da kamen noch einige hinzu, sowie wieder irgendwelche nicht näher identifizierbaren Lichtsichtungen. — Versuche nun zu schlafen. Lege Ketil Bjørnstads – Seafarer’s Song auf um das Motorengeräusch zu dämmen. Ketils Platte begleitet mich bereits seit vielen Jahren auf Reise, die Texte handeln leider nicht von solch einer Romantik, wie ich es von meinem „Seefahrerleben“ berichten kann, eher von viel Leid, von Flüchtlingen, Ungerechtigkeiten, aber die Melodien mit der unverkennbaren Stimme der Sängerin Kristin Asbjørnsen bringen mich dennoch zur Ruhe und zum träumen. In diesem Sinne. dream. on. and… * keep. on. sailing.
Ich freue mich jeden einzelnen Tag darüber hier sein zu dürfen und zu können. Über die Sonnenauf- und -Untergänge, derer ich einfach nicht satt werde, die auf Grund meiner Wachschaft aktuell jedoch nicht ganz so Beachtung geschenkt bekommen, wie die Wochen zuvor. Nicht schlimm, dafür habe ich die Nächte an Deck. Und schon könnten wir wieder mit Sternen und anderen Galaxien weiter machen. — 01:57 Uhr. Alles ruhig. Bis auf der Motor. Dann kommt noch hinzu, dass ich mich jeden Tag, wenn ich mich unter oder über Deck bewege des Schiffes erfreue. Sie ist so schön. Auch gefallen mir die Symmetrien die man an Bord von Segelyachten findet. Ein Traum. Ich werde nicht müde, mir diese bewusst zu machen und sie anzuschauen. * Es ist 02:56 Uhr. Gerade habe ich eine uuutzlange Sternschnuppe mit riesigem Schweif gesehen. Die war der Hammer. Netterweise ist sie quasi in Zeitlupe verglüht. So hatte ich besonders lange etwas davon. Ich liege hier dick eingepackt, sogar mit Decke im Centercockpit, wir motoren immer noch. Der Wind ist nicht konstant, bricht immer wieder zusammen, daher hatte ich mich bisher gegen einen Versuch entschieden, wieder unter Segel zu gehen. Das sollte so nicht sein. Wir sollten segeln. Egal in welche Richtung. Hach, wenn da nicht der Zeitdruck wäre. – 1.12. Neuseeland. * Jetzt ist eine grüne Sternschnuppe über mir verglüht. So eine habe ich nun auch noch nie zuvor gesehen. * Noch knapp eine Stunde. Jetzt noch eine Runde Ausguck und Instrumente checken und vielleicht gibt es nachher ja noch etwas aus einer der Galaxien um mich herum zu berichten… — 04:05 Uhr. Heute pünktlich auf Koje. Jasmin hat die Wache übernommen und kurz kam Michael dazu. Jetzt wird das Segel ganz runter genommen. Wind is dying. — Kann noch anschließend berichten, Satellitenzeit ist hier wohl kurz vor vier. Es waren plötzlich so viele, dass sie -glaube ich- die Anzahl der von mir gesichteten Sternschnuppen übertreffen. Aber auch da kamen noch einige hinzu, sowie wieder irgendwelche nicht näher identifizierbaren Lichtsichtungen. — Versuche nun zu schlafen. Lege Ketil Bjørnstads – Seafarer’s Song auf um das Motorengeräusch zu dämmen. Ketils Platte begleitet mich bereits seit vielen Jahren auf Reise, die Texte handeln leider nicht von solch einer Romantik, wie ich es von meinem „Seefahrerleben“ berichten kann, eher von viel Leid, von Flüchtlingen, Ungerechtigkeiten, aber die Melodien mit der unverkennbaren Stimme der Sängerin Kristin Asbjørnsen bringen mich dennoch zur Ruhe und zum träumen. In diesem Sinne. dream. on. and… * keep. on. sailing.
Schön ein bisschen dabei sein zu können… 🤓
Ich denke an euch! 🥰