nachtwache. seetag Vlll

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nachtwache. seetag VIII Es ist duster. Richtig gelesen. Duster. Obwohl der Mond bereits unter gegangen ist, ist es nicht ganz so dunkel wie die Tage zuvor. Es ist 00:12 Uhr. Die erste Sternschnuppe ist bereits in Zeitlupe verglüht. Ich sitze im Cockpit. Schaue in den klaren Himmel. Das Kreuz des Südens zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Zumindest, da das Ziel Neuseeland lautet. —
— 01:27 Uhr. Noch weniger als 200 Seemeilen bis zum Ziel das wir Mittwochabend aller Voraussicht nach erreichen werden. Hart zu glauben. * Aktuell segeln wir wieder, endlich. Sind unter Motor in den Abend gestartet und hatten ganz schön Rock ‘n’ Roll mit den Wellen. Heißt, meine wachfreie Zeit habe ich mit grummelig auf Koje liegen verbracht, weil es so laut war, dass ich irgendwie kein Auge zu bekam. Da ist der Motor zum einen, der Autopilot zum anderen. Der war ganz ordentlich damit beschäftigt, Kurs zu halten, bei dem ganzen auf und ab. Normal nicht schlimm, nur nicht förderlich, wenn man ein bisschen schlafen möchte, und sei es für wenige Stunden, ehe kurz vor Mitternacht mein Wecker geht. Ja, ich kann mich aber auch anstellen. * Aber jetzt bin ich auf Wache, Michael und ich haben zur Ablöse noch die Segel gesetzt und konnten den Motor endlich wieder ausschalten. Ich sitze im Cockpit, es ist ruhig. Wind und Wellen schaukeln uns hin und her. Auf und ab. Ruhige Fahrt. Um uns herum nach wie vor nur Wasser. Panta Rei und Pico, die beiden Segelboote die ebenfalls Kurs auf Neuseeland halten, haben wir seit jeher nicht mehr gesehen. Mal gefunkt, mal per Satellit geschrieben, um sich über die aktuelle Situation auszutauschen. Wir sind alle wohlauf und auf etwas unterschiedlichen Kursen unterwegs. Mal schauen wer zu erst in den Hafen von Opua einläuft. Ich vermute, wir. * Es sieht ganz so aus, als könnten wir unser Ziel nun komplett unter Segeln erreichen. Der Wind bringt uns ans Ziel. Da schlägt mein altes Seefahrerherz doch gleich höher. * In der Tat sitze ich heute wie angekündigt mit noch mehr Kleidung an Oberdeck. Am Oberkörper bin ich bei 5 Lagen angekommen. Alarm! Hosen trage ich zwei. Aber Hauptsache ich bin noch barfuß. Meine Füße stecken in einer Decke. Zugegeben, eine der Schichten besteht aus Regensachen. Das mag übertrieben wirken, aber es ist echt frisch und in der Nacht zieht Feuchtigkeit in die Kleidung. Das war auf den Fijis anders, bzw. egal, da es so wunderbar warm war. Jetzt wäre es sehr unangenehm. Natürlich könnte ich mich unter Deck aufhalten. Aber draußen ist es so, so schön. Mitnehmen was geht. Und solange es geht. Wer weiß wann ich wieder Offshore unterwegs bin und die Weltmeere erkunde. — Apropos: Als ich 2006 das erste mal auf der Alexander von Humboldt I segelte, begann ich schnell davon zu träumen, irgendwann den Atlantik zu überqueren und ich träumte auch davon, irgendwann um Kap Hoorn zu segeln. Dietmar, der damalige Steuermann unserer 0-6 Wache (wir waren unterbesetzt und daher fuhren wir im Zweiwach-System) erzählte nachts soviel von der See, gab mir Einblicke in die Astronavigation und brachte mir all die Dinge näher, die die Seglertradition so ausmachten, ich denke das war der Moment, in dem meine Augen begannen zu leuchten. Wir hatten eine besondere Verbindung irgendwie. Aber, all das erschien mir weit, weit weg und dann schob ich nach einigen weiteren Törns, all das erstmal bei Seite, das war 2011. Ließ die Träume davon gleiten und „kehrte der See den Rücken zu“. Jetzt wo sie zu mir zurückkam und ich hier sitze, um 02:13 Uhr an Deck der Larabeck mitten auf dem Südpazifik kommen die Träume langsam zurück. Mein Herz brennt lichterloh. Es fühlt sich jetzt auch alles gar nicht mehr so unerreichbar an. Überhaupt nicht. * NATÜRLICH brauchen wir noch viel mehr Erfahrung und Routine, zumindest um es allein zu machen, aber mit einer Crew aus fähigen, vor allem aber willigen, Seeleuten würde ich mir das schon jetzt durchaus zutrauen. Zumindest wenn wir vorher noch ordentlich Meilen Segeln und auch wirklich schwere See erprobt sind. Also, Bewerbungen werden jetzt gerne entgegen genommen. * Ja, dieser Mythos Kap Hoorn, der mich schon in seinen Bann gezogen hat, seit ich eben das erste mal überhaupt die Planken eines Schiffes betrat… hat mich in der Tat nun wieder gepackt. Und ihr seid live dabei, wie der Traum zu mir zurückkommt. Hach ja, vielleicht ist schon jetzt Zeit für eine kleine Kursänderung, ein bisschen abfallen und Kurs Richtung Südamerika halten. Ich habe noch 2,5 Stunden Wache. In dieser Zeit könnten wir weit kommen, und vielleicht würde es niemandem auffallen… Schiff gekapert, gegen den Wind gesegelt… und dann… Kiel geholt, wenn es doch auffällt. Nein, da warte ich lieber bis später. Um den neuen Plan ganz offiziell vorzustellen. — 03:04 Uhr. Die letzte Stunde der vorletzten Nachtwache ist angebrochen. Puh, wenn ich mir das bewusst mache, kommt sogar ein bisschen Wehmut auf. Da fehlen mir die Worte. Ich werde noch ein bisschen in den Himmel schauen, Sterne zählen und genießen. — Kurz nach 04:00 Uhr. Schneller Wachwechsel mit Apfel und Müsliriegel, versuche jetzt zu schlafen, auch wenn die Aufregung mich sicher etwas davon abhält, die mein Traum soeben mit sich brachte. Irgendwann segle ich um Kap Hoorn. und wenn wir schon da sind, ist die Antarktis nicht mehr weit. Wer kommt mit? — Ist jetzt überhaupt noch wer an den Astronews interessiert, oder nur noch an der Reise nach Kap Hoorn? Gibt beides: * Astronews: Sternschnuppen: >5 und <10 Satelliten: 4 Lichterscheinung: 1 — Kap Hoorn News. Jasmin ist schon mal dabei, möchte aber vorher verständlicherweise auch erst noch ein bisschen mehr Erfahrung sammeln und nur, wenn im Anschluss Cruising angesagt ist. — Ja, Leute. Da bleibt nicht mehr zu sagen als: * keep. on. sailing. * Habt es fein. Wir lesen uns in der nächsten Nachtwache.

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