Mittlerweile wohnen wir seit zwei Wochen an Bord, seit 11 Tagen sind wir unterwegs. Echt jetzt? Ich kann es gar nicht glauben, aber das hatte ich vermutlich schon ein-, maximal zweimal erwähnt.
Auf einem Schiff das im Wasser liegt, ist man zwar eh ständig in Bewegung, aber wir sind es seit 11 Tagen auch vom Standort her. Und ich kann euch sagen, es fiel mir selten so leicht, ständig neue Ortswechsel vorzunehmen wie jetzt. Und es ist einfach wunderbar, so eremitenmäßig ankern zu können, wie wir es tun. Nämlich fernab von allem.
Da wir aktuel ja nochl von Insel zu Insel segeln und dort jeweils einige Tage die Gegend erkunden. Die Gegend besteht in dem Fall fast ausschließlich aus Korallenköpfen, aus kleinen, einsamen Inselstränden, Palmen hier und Palmen da, treffen wir relativ wenig Menschen, außer wir verirren uns mal an Land. Wenn wir wandern gehen und hohe Berge erklimmen.
Ansonsten gehen wir dem mittlerweile recht eingespielten Bordleben nach.
Dieses ist relativ vielseitig, da es immer was zu checken und entdecken, zu machen und zu lernen gibt. Ich werde einfach mal ein bisschen davon berichten. Nach und nach. Hier also schon mal ein Auszug, was es neben der Mahlzeiten-Zubereitung, alles zu tun gibt, oder vielmehr wie ein Tag so aussieht.
early. bird.
Mein Tag beginnt meistens schon sehr früh, nämlich mit oder kurz vor Sonnenaufgang, aktuell um 05:20 Uhr rum, um 05:40 Uhr geht sie dann auf. Zu diesem spektakulären Ereignis begebe ich mich leise an Oberdeck, suche mir das beste Plätzchen um ihn zu bestaunen (der Platz variiert, je nachdem, in welche Richtung das Schiff im Wasser liegt) und entweder schaffe ich es noch, mir vorher einen Kaffee zu machen, oder ich sitze einfach ohne Kaffee (dafür mit Zitronen und Salzstreuer, ihr wisst schon, Dracula) da. In der Regel aber ersteres. Letzteres noch nie, Tequila wurde bis dato nicht geliefert.
Während die Sonne aufgeht mache ich ein paar kitschige Fotos, wie ihr im letzten Beitrag sehen konntet, frage mich, wie man damit klar kommen soll und lasse meine Gedanken weit, weit, w e i t schweifen. Manchmal so weit, dass ich gar nicht mehr merke ob ich noch denke oder nicht. Dann bin ich einfach da.
Fasziniert schaue ich, wie sich das Licht verändert, wie der Tag erwacht, die Nacht weiter wandert. Lausche den Tieren an Land und im Wasser, den Wellen, dem Wind… dem klackern an Bord, wenn der Wind die Leine mit der Gastlandflagge gegen stehendes Gut flattern lässt.
breakfast.
Zwei Stunden später lasse ich die ersten Gedankenflügen des Tages los. Es klingt vielleicht lang, für einen Morgen an Oberdeck, aber die Zeit vergeht so schnell, man muss sie einfach gewähren lassen, festhalten bringt nichts, ihr hinterherjagen auch nicht. Das Leben braucht eben seine Zeit. Manchmal setze ich mich dann hin und schreibe, betrachte Fotos und Videos des (Vor-) Tages oder bereite das Frühstück vor. Wobei wir alle eher etwas später zusammen frühstücken. Jeder von uns ist morgens so in seiner eigenen Welt abgetaucht. Ganz für sich. Erst gibt es Gallonen an Kaffee, dann das Frühstück. Was das so ist, kommt immer drauf an. Variiert von frisch gebackenen Brötchen oder Laugengebäck, über Pfannkuchen, Müsli mit Granola, Apfel und Ingwer. Sowas halt. Solange vorhanden, gab es auch Obstsalat und Joghurt, aber da sieht es mittlerweile schlecht mit aus. Und Nachschub ist noch lang nicht in Sicht. Heute gab es zur Abwechslung mal hausgemachten Kaiserschmarrn, dazu Konservenobst, aber ein bisschen verfeinert und vielleicht fiel es ja nieeeemandem auf. Fiel es auf?
work. like. a. sailor.
So, und jetzt zum Arbeitsalltag.
Fangen wir mal mit den wenig seemännischen Dingen an: Da gibt es die Tage an denen wir z. B. tadaaaa die Wäsche machen, das kommt vor allem auf das Wetter an. Eine Maschine nach der anderen, zumindest so lange wir auch noch genug Wasser haben. Wir kümmern uns alle gemeinsam geduldig darum, eine Maschine rein, eine raus, aufhängen und so weiter. Im 30 Minuten Takt gibt’s frisch duftende Kleider zum Aufhängen an der Reling. Solange es Platz hat. Die Maschine hat nicht so ein Fassungsvolumen, wie ihr euch das vielleicht denkt. Sagen wir, zwei Handtücher und ein T-Shirt passen rein zum Beispiel. Ihr könnt euch also in etwa vorstellen, wie oft wir die Maschine laufen lassen, wenn es irgendwie geht.
water.
Und wo wir schon dabei sind: Was, wenn das Wasser alle ist? Dann kümmern wir uns genau darum. Um die Frischwasseraufbereitung. Hierfür haben wir einen „Watermaker“ an Bord. Wir müssen nur die Vorkehrungen und Einstellungen treffen, den Rest macht er von alleine. Mittlerweile haben wir das schon ganz gut drauf, aber so ganz ohne Instruktion von Michael würde ich mir die Bedienung trotzdem noch nicht zutrauen (glaube ich, mal drüber nachdenken!).
Wir haben zwei Frischwassertanks an Bord, einer fasst etwa 30 Gallonen und der andere fasst etwa 20 Gallonen (ca. 76 l und 114 l). Während der Wasseraufbereitung können wir kein Wasser nutzen. Kein WC, keine Dusche, kein neuer Kaffee, außer wir haben vorher dran gedacht. Aber wir können die Generatorzeit nutzen um sämtliche Elektronikgeräte an die Lade zu hängen. Next thing. Strom.
electricity.
An manchen Tagen dürfen wir dann auch Strom produzieren (lassen), um die Batterien zu laden. Durch diese Technik hab ich noch gar nicht wirklich geblickt, but, long Story short: Wir haben die Möglichkeit aus Wind Strom zu erzeugen, aus Sonne und aus dem Dieselmotor. Alles zusammen speist die Batterien an Bord und das wie durch Zauberhand.
Aber noch mal zurück zum „Watermaker“. Der kümmert sich darum, aus Seewasser Frischwasser zu machen, und zwar trinkbares. Wobei wir für unsere Wasserflaschen das Ganze noch einmal durch einen separaten Filter am Wasserhahn laufen lassen (können). Aber es wäre grundsätzlich nicht nötig.
Das war schon mal ein bisschen was vom technischen Bordalltag, jetzt kommt die andere Technik, das Segeln.
sailing.
Da wir zum Glück nicht nur vor Anker liegen, sondern vielmehr ja segeln wollen, schauen wir uns die Windvorhersagen für die nächsten Tage an. Michael tut dies ständig, wir beim „Crewmeeting“ dann mit ihm gemeinsam. Geduldig erklärt er uns, wie was zustande kommt und wann wir warum und wie wohin segeln könnten. Dann treffen wir eine erste gemeinsame Entscheidung und lassen uns überraschen, ob es dann wirklich so zur Umsetzung kommt. Glücklicherweise sind wir da alle sehr entspannt. Es gibt einige Kriterien, so z.B. gute Internetverbindung an mindestens drei Tagen, damit das mit der Remote-Arbeit auch gut klappt. Klappt eigentlich auch immer und andernfalls sind wir immer früh genug für ein try and error oder weitersegeln.
Bevor es losgeht heißt es, das Schiff seeklar zu machen (also, das Schiff ist es eh, aber auch innen gibt es eingies zu beachten). Das heißt, es muss alles so fixiert werden, dass es im besten Fall nicht umher fliegt. Meistens gelingt uns das sehr gut, gab bis jetzt keine schlimmen Unfälle. Das schlimmste war glaube ich das Spülmittel, das nicht zu war, umgefallen ist und ne riesige Schweinerei hinterlassen hat. Aber ansonsten? Nix.
Dann checken dass die Luken, bei denen Gefahr des Wassereintritts besteht, dicht sind.
An Oberdeck wird das Großsegel vorbereitet. Entpacken, was hier sehr einfach geht, da Reißverschluss, das Fall an der richtigen Stelle fixieren (dafür lerne ich jetzt Ballett) und natürlich schauen, dass alle Leinen klar liegen.
Dann heißt es quasi auch schon, klar zum Anker hochholen. Hierfür den Snubber* entfernen, den Motor starten und dann erfordert dieses Manöver viel Absprache zwischen der Person, die sich um den Anker kümmert und der Person, die am Steuer steht. Ich bin leider nicht so der beste Kommandogeber, das haben wir übrigens schon in der Segelausbildung feststellen müssen, dafür hab ich dort auch öfter einen kleinen Rüffel bekommen (Gruß an den See!), aber nun, so ist es eben. Es funktioniert trotzdem erstaunlich gut, zwar wären wir heute einmal fast an den Strand getrieben worden vor lauter la la la, denn da habe ich so fasziniert den Anker bestaunt, wie er sich langsam der Wasseroberfläche nähert und komplett vergessen das Ruderkommando zu geben. Anfängerfehler eben und ich bin mir sicher, ich werde das noch hinbekommen, je mehr wir unterwegs sind.
Unser Captain hat uns und das Boot aber gerettet, in dem er das entsprechende Kommando ans Achterdeck gegeben hat und uns ohne großen Aufwand wieder auf den richtigen Kurs brachte. Hach… und ich hätte dem Anker stundenlang zuschauen können, wie er sich langsam nach oben hebt. Das war so meditativ. Leider aber nur max. 200 ft lang möglich.
Anker los und los. Sobald Wind da ist, nutzen wir ihn auch zum segeln und das bebildere ich erst einmal, denn heute z.B. hatten wir einen sehr erfolgreichen, aber heftigen Segeltag, mit Sailtraining, darüber berichte ich…morgen, oder einen anderen Tag, Mal sehen. Jedenfalls konnten wir die gesamte Strecke mit Groß- und Focksegel bei ca. 5-6 Bft und mit um die 6 Knoten schön am Wind segeln (und unter diesen Bedingungen unser Sailtraining absolvieren).
new. anchorage.
Nach dem Ankern ist vor dem Ankern, und so heißt es nach einem Segeltag (zumindest aktuell noch, während der Überführung nach Neuseeland wird das anders sein), wieder klar zum Ankern. Hierfür muss quasi wieder alles rückgebaut werden. Segel wieder runter, Fock oder Genau einrollen, passende Ankerstelle aussuchen, dann einer vor zum Anker, einer ans Steuer, einer passt auf und dann wieder runter mit dem Ding. Wenn der Anker hält, wird klar Deck gemacht. Leinen aufschießen, Fall versorgen, Segel packen. Das Deck etwas vom Salzwasser befreien.
Ehe ich das Dinner zubereite geht es ins Wasser, schwimmen, oder schnorcheln. Meistens sitzen wir dann ein bisschen zusammen, sprechen über den Tag, erfreuen uns der Tatsache, hier zu sein, schauen uns gemeinsam den Sonnenuntergang an (machen Kitschfotos!) und ich gehe dann kochen. Zum Abendessen versammeln wir uns wieder im Center-Cockpit. Zum Ausklang des Tages geht in der Regel wieder jeder seinen Gedanken und Aufgaben nach. Einer macht z. B. den Abwasch, die anderen ihre Sachen, arbeiten, Wind und Wellen checken, sinnieren, oder ich gehe meinem neuesten Hobby nach und finde Sternenbilder.
Dabei hilft mir eine App, die mir Michael empfohlen hat. Mit ein bisschen Übung klappt das richtig gut. Aktuell ist mein Lieblingssternenbild die südliche Krone. So sieht das Ganze in der App aus, in echt noch viel, viel schöner.
Ja, mein Abend besteht also meistens daraus, Sterne zu betrachten, zu schreiben, oder Fotos sortieren, nachdenken und/oder abwaschen (jeder ist mal dran, obwohl ich als Köchin gar nicht müsste, haben Jasmin und Michael gesagt), oder eben schlafen. Viel schlafen.
Hier ist es jetzt viertel nach zehn (am Abend), spät geworden heute, ich sitze noch mit meinem Laptop an Oberdeck, es schwankt ganz wunderbar hin und her (recht ordentlich sogar), ein leichter Wind geht und es fängt an zu regnen. Perfektes timing…
Good night.
Iva.
*kleiner Rückdämpfer, der das Boot vor Stößen durch Wind und Wellen schützt. Sieht so aus:
Boa, ich wünschte ich könnte mich zu euch beamen! 😍
PS: Was für ein schöner Pullover… 😉
Always with me ❤️
Danke wieder mal für’s „Dabei.sein.dürfen“ 🙂
Geli
Schön, dass du dabei bist, Geli.
⛵️ 💨
freut. mich. sehr.
⚓️❤️