sachen. machen. pt II

Posted on

seemannschaft.

Die sogenannte Seemannschaft bezeichnet den praktischen Teil der Schiffskunde. Zu ihr gehören unter anderem die Instandhaltung des Schiffs und Reparaturen.

Freitag, Samstag und Sonntag widmen wir uns gänzlich diesen Themen.

Für die große Überfahrt dürfen wir einige Dinge an Bord richten, aber auch so ist an Bord eines Schiffes immer etwas zu tun. Du fängst hinten an, arbeitest dich nach vorne durch, vorn angekommen geht’s hinten wieder los. So in etwa.  

Die meisten meiner Mitleser haben wenig bis gar nichts mit Schiffen und Segeln zu tun und ich gebe euch einfach mal einen ersten Einblick in die aktuellen Arbeiten an Deck.

Und bis vor relativ kurzem hatten wir ja auch keine Ahnung von Yachten und Yachtsegeln, es ist immer noch vieles sehr neu hier. Und sehr aufregend. Aber bis jetzt haben wir eine Menge Spaß dabei, bei allem. Beim Segeln, bei der Seemannschaft. Beim Lernen. Trotz Muskelkater, Blasen an den Händen, rauchenden Köpfen und Erschöpfung.

Für diejenigen von euch, die mehr damit zu tun haben, springt vielleicht ein bisschen die Begeisterung über, die auch euch einst zu diesem Leben oder Hobby verführt hat. Wer weiß, ich jedenfalls mag diese Arbeiten an Bord, einige natürlich mehr als andere, aber es gehört eben alles dazu. Und wenn man eine Crew von mehreren ist, hat man vielleicht noch Glück, das der eine etwas total gerne macht, was eine andere nicht so mag. Bis jetzt zumindest haben wir uns noch nicht um Aufgaben streiten müssen. *dreimalaufholzklopf*

Segler machen gerne vieles selbst und sind äußerst kreativ.

Aus „Ich habe zwar noch keine Lösung, bewundere aber das Problem“, wird „es gibt keine Probleme, nur Lösungen“.  

der. plan.

Für die Zeit vor Neuseeland haben wir uns also einige Dinge vorgenommen. Für die Zeit in Neuseeland ebenfalls, aber beginnen wir mal mit jetzt (und es ist, wie es immer ist, wenn man einmal anfängt, es kommen immer neue Sachen dazu):  

Ein Auszug:

Fall (engl. Halyard) erneuern. (Das ist die Leine, mit der man das Segel hisst und wieder birgt)

Mast und stehendes Gut inspizieren. (Insbesondere die Wanten, das sind die Drahtseile, die den Mast auf beiden Seiten stützen)

Taklinge nähen. (Taklinge schützen Seile und Leinen vor dem Aufdröseln an den Enden. Und ja, auf Kunstfaser-Leinen wie hier an Deck, werden diese nicht mehr unbedingt benötigt, aber es macht die Enden schöner und wenn man schon mal die Zeit hat… why not doing this?)

Lederüberzug um Steuerrad nähen. (schützt das Holz des Steuerrads vor Sonne und Wasser)

Fenster neu abdichten.

Entrosten.

Vom Salz gezeichnet.

So, aber noch mal einen Schritt zurück. Was unsere Herzen auch höher schlagen lässt, ist die Tatsache, dass unser Kartentisch (das ist die Navigationsecke unter Deck, wo sich Radar, Funkgeräte, Navigationsbesteck etc. befinden) sich nämlich nicht nur als Schreibtisch für Jasmin eignet und regelmäßig umgebaut wird, mit zwei Bildschirmen und quasi der kompletten Büroausstattung, sondern auch als Werkbank. Die Holzplatte wird durch eine Plexiglasplatte geschützt und es kann vieles dort vorbereitet werden, was wir dann an Oberdeck benötigen. Die Schubladen sind gefüllt mit Heißschneider, Schleifgerät und mit Werkzeug. Für jedes Werkzeug gibt es eine Aufgabe. Oder für jede Aufgabe das passende Werkzeug.

d.i.y.

Was wir bisher geschafft haben:

Fall erneuern. Gemeinschaftswerk. CHECK!

Wir ziehen das neue Fall ein. Dafür verbinden wir die Enden des alten und neuen Fall, ziehen das neue vorsichtig in den Mast über die Umlenkrolle an der Mastspitze, holen das neue Fall herunter und befestigen am einen Ende den Schäkel, der genutzt wird um das Fall am Segel zu befestigen. Hierfür machen wir das Fall mit einem Halyard Hitch Knot am Schäkel fest und um auf Nummer sicher zu gehen, lenken wir die Leine über zwei Winschen und ziehen den Knoten fest.
Fest, fest.

Hält.

Nach dem ich die ersten Taklinge auf das neue Fall genäht habe, war ich so im Flow, dass ich noch sämtliche andere Leinen mit einem Takling versehen habe. Ein kleiner Einblick:

Und um die Stabilität des neuen Falls so richtig zu testen, nutzten wir den Tag gleich noch um uns mit dem Bootsmannstuhl den Mast hochzuziehen und zwar alle drei nacheinander und diese Aktion verbinden wir sogleich, um das stehende Gut, den Mast, die Salinge und alles was auf dem Weg gesichtet werden kann, zu sichten.

Den Mast hochziehen? Yap, wir ziehen uns gegenseitig den Mast hoch. Hierfür nutzen wir das Fall und noch eine weitere Sicherungsleine. Zugegeben ist das ‘ne ganz schön anstrengende Sache. Wir wechseln uns ab mit Kurbeln des Falls und dichtholen der Sicherungsleine und gönnen jedem von uns den Ausblick von da oben. Euch gönne ich ihn auch, daher gibt’s hier ein paar Fotos von ganz oben:

Michael und Jasmin haben zusätzlich noch zwei Fenster abgedichtet. Dafür haben sie die alten Dichtungen entfernt, den Rahmen demontiert, alles gereinigt, abgeschliffen und neue Masse aufgebracht.

Ich habe mich dem Leder für das Steuerrad gewidmet. Dafür habe ich zwei Tage gebraucht. Natürlich nicht zwei ganze, an dem einen Tag hatte ich erst spät angefangen, war nach zwei Stunden aber ordentlich K.O. – und das Leder erst zu einem kleinen Teil ums Steuerrad genäht. Den zweiten Tag, gestern, hatte ich bereits in der früh um sechs begonnen, gleich nach meinem Date an Oberdeck und nach fünf Stunden war es dann fertig. Das wunderschöne Steuerrad hat jetzt einen Lederbezug. Sieht so aus:

Irgendwann bin ich glücklicherweise auf die Idee gekommen, meine Segelhandschuhe anzuziehen, denn mittlerweile hatten sich Blasen an den Fingern gebildet und ich konnte die Nadel kaum noch greifen. ABER (und jetzt eine Runde Mitleid bitte: mir die Nadel ordentlich in eine der Blasen reinstechen, autschi, autschi, autschi würde Mario, unser Neffe, jetzt sagen!). Mit Handschuhen ging es dann aber super weiter, hätt ich auch früher drauf kommen können.

Nach dem ich mit dem Steuerrad fertig war, war dann Pause angesagt, Jasmin und Michael hatten noch ein bisschen an den Fenstern zu tun und ich – ich konnte mich lediglich noch um die Zubereitung des Abendessens kümmern. Was in erster Linie daraus bestand, darüber nachzudenken, was ich koche – denn, …wie um alles in der Welt soll ich den Niedergang herunterkommen? Ich war so fertig. Zum einen hab ich etwa sechs Stunden in der Hitze gebrutzelt beim Nähen, zum anderen spürte ich jeden Muskel meiner Arme und jede Faser meiner Hände.

fertig. für. heute.

Dann zog gestern ein ordentliches Gewitter auf, es regnete aus Eimern, Blitze zucken um uns herum ins Wasser, es knallt höllenlaut und es ist langsam wirklich an der Zeit sich der Bolognesesauce zu widmen, diese darf noch ein bisschen köcheln, ehe dann zum Dinner geläutet wird. Gesagt getan, Bolo aufgesetzt, Abendplanung besprochen. Wir werden einen Film anschauen, genau das Richtige für die Crew, nach dem harten Arbeitstag, die Wahl fällt auf Captain Ron. Ein älterer Streifen, der irgendwie ein bisschen zum Thema passt.

Es ist Sonntag. Zumindest kann ich heute meine Finger wieder spüren und auch am PC tippen, und doch: für heute war es das mit dem Einblick der Arbeiten von Oberdeck. Wir machen nachher mal noch einen Ausflug aufs Mainland, der Hauptinsel der Fijis, da wir noch bis Morgen hier vor Anker liegen und den Leihwagen nutzen, den wir 24 Stunden haben, um Morgenfrüh, am Montag, einkaufen gehen zu können, und um heute eine Landerkundung vorzunehmen. Wir werden wie Piraten in eine Bar einfallen oder wie Yachties in ein Restaurant, sicher sind wir noch nicht (vielleicht beides), und grumpy me, ich bin noch gar nicht bereit auf Landleben, Autofahren und Großstadtgetümmel, daher werde ich mich seelisch und moralisch nun darauf vorbereiten.  (Und zugegeben freue ich mich schon jetzt auf die Zeit mit Michael und Jasmin, da draußen, an Land, denn ich weiß, es wird gut (und bestimmt werden wir wie Piraten eine Bar aufsuchen, arrrrrrrr!))

We’re all mad here!

Habt einen schönen Sonntag. Cheers!

p.s.

Jetzt ist folgendes passiert. Die Story geht raus, obwohl wir schon im Ausgang waren. Nicht sehr piratenmässig, aber irgendwie auch doch. Jedenfalls sind wir back on board und jetzt geht das Logbuch of the day online.

…and the world’s your oister. piraten im ausgang….arrrr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert