zivilisation.

Posted on

HIER KLICKEN UM DIR DEN TEXT VORLESEN ZU LASSEN


getting. prepared.

In Erwartung, dass wir bald nach Neuseeland aufbrechen, starteten wir vor einiger Zeit die Reise vom hohen Norden der Yasawa Islands wieder zurück gen Süden. Immer mit dem Wind, und schön in Etappen von Bucht zu Bucht. Heißt aber auch, vom Nirgendwo wieder mehr und mehr in Richtung Zivilisation. Argh!

Der Plan war eigentlich, noch einige Zeit länger in einer kleineren Bucht liegen zu bleiben, doch dort war der Internetempfang so unterirdisch, dass wir uns auf Grund der bevorstehenden Arbeitstage umentschieden. Wir blieben dort also nur die eine Nacht, hatten dafür aber ordentlich Wind und Wellen, schönes Schaukeln und ne tolle Aussicht. Am nächsten Morgen, in aller Früh, brachen wir dann auf, um die 30 Seemeilen in den nächst größeren Anker Hotspot zurückzulegen. Dort werden wir nicht nur massig Boote um uns herum haben, auch viel Internet. Und dort angekommen, werden wir also nun für ein, zwei oder drei Tage bleiben. An die zunehmende Zivilisation muss ich mich noch etwas gewöhnen, aber ist ja vielleicht auch eine gute Vorbereitung für Neuseeland und die dortigen Hafenmanöver.

Aktuell sind wir wirklich sehr, sehr verwöhnt vom Norden der Yasawas. Das war genau unser Ding. Waren ja schon überfordert mit den drei weiteren Booten beim letzten Ankerplatz, und jetzt sind es so viele, ich habe aufgehört zu zählen.

Nun ja, nicht nur dass es hier zugeht wie am Stachus, nein, als wir ankamen begann es auch noch richtig heftig zu regnen. Und es hörte nicht mehr auf. Den geplanten Ausgang zum Dinner verschoben wir auf den nächsten Tag zur Lunchtime, da Jasmin Mittwoch und Donnerstag Onlinetermine hat bis spät in die Nacht und Dinner somit an Bord und recht kurz ausfällt. Ihr wisst schon, die Zeitverschiebung und so.

Hach ja, mich stimmte das allerdings ganz glücklich gestern, erstens hatte ich keine Lust auf Menschenbegegnung, zweitens war ich müde und drittens… kein drittens. Reicht ja auch. Also machten wir uns einen gemütlichen Abend an Bord. Mit Tortillas, Chili con carne, Musik, Fotos gucken.

new. dawn.

Heute Morgen traf ich dann wieder mein Date an Oberdeck. Den Sonnenaufgang. Allerdings schwächelte ich ein bisschen (aber er auch). Ich ging den Niedergang rauf, sah die Boote und merkte, dass mich eine Art Unzufriedenheit des Ausblicks wegen überkam. Na, wenigstens regnete es nicht. Ich war einfach wirklich noch überhaupt nicht vorbereitet auf so viel Zivilisation um mich herum und merkte regelrecht mein Schmollen im Gesicht. Oh, what a grumpy!

Na gut, trotzdem setzte ich mich hin und bewunderte den Himmel, der heute irgendwie total unspektakulär daher kam, ich sag ja, der Sonnenaufgang schwächelte auch ein bisschen. Am Horizont sah ich Regenschwaden vorbei ziehen, einige Regenwolken hängen auch hier noch schwer am Himmel. Es ist grau, dunkel. Viele Lichter auf der Insel.

A b e r während ich das alles so stillschweigend beobachte fällt mir auf, wie schön es eigentlich trotzdem ist, trotz der ganzen Boote, oder auch mit ihnen. Von der Insel her machte sich ein unglaubliches Vogelgezwitscher breit. Der Wind weht es direkt zu mir rüber. Das hörte sich fast unwirklich an (vielleicht haben sie Lautsprecher installiert?). Und die Ankerlichter der umliegenden Boote, die aus dem Grau hervorstechen, waren irgendwie auch ganz hübsch, auch fast wie inszeniert. Aus der Ferne naht ein Motorboot, ich höre ein leises rauschen. Aber es stört diese Szene überhaupt nicht, denn trotzdem ist es eine wunderbare Stille, die mich hier umgibt.

Diese wirklich schönen Augenblicke an diesem Morgen, die ich wahrnahm, trotz dem ich doch eigentlich schmollend an Oberdeck saß, machten mich glücklich. Stimmten mich zufrieden, aber es ist dennoch grau und die Sonne wird sich auch erstmal noch hinter den Wolken versteckt halten, also breche ich meine zwei Stunden Morgenroutine heute ab und lege mich noch mal hin. Kann nicht schaden, gestern war es spät und ich bin definitiv noch nicht fit an diesem Mittwochmorgen.

Irgendwann roch es ganz herrlich nach frisch gebrühtem Kaffee. Ich Glückspilz. Michael hatte schon einen aufgesetzt, er war glaube ich ganz verwirrt, warum ich nicht an Oberdeck saß und stattdessen aus der Kammer kroch, um kurz nach acht, als der Kaffee fertig war.

waiting. for. us.

Nach dem Frühstück entschied ich mich für ein bisschen Paperwork. Wir dürfen unsere Visaanträge für Neuseeland noch fertig machen und ich empfand den heutigen Tag als prädestiniert dafür. Auch wenn sich die Abfahrt nun doch noch ein bisschen verzögern wird, wie wir auf Grund der aktuellen Wetterkarte haben vernehmen können. Die Windverhältnisse sprechen für sich und solange wir noch etwas Zeit haben, sollten wir uns noch nicht dort heraus begeben. Heftiges Wetter. Viel Wind. Viele, vor allem aber hohe, Wellen. Wir warten auf das nächste Hochdruckgebiet. So wie es ausschaut, kann es aber noch 10-15 Tage dauern. Nun ja, das Leben braucht seine Zeit und das Segeln eben auch: Neuseeland, warte auf uns!

Wir verfolgen ein anderes Boot, die Carpe Diem, deren Crew Michael gut kennt und die wir ganz zu Beginn in der Marina auch trafen. Sie wiederum hatten Zeitdruck und mussten los. Und nun… segeln sie meterhohe Wellen, haben heftigen Wind, wurden von Seekrankheit heimgesucht, und das Inventar des Schiffes suchen sie nur noch am Boden verteilt, da es alles herumgewirbelt hat. ABER sie halten tapfer durch. Denn so wie wir auf dem Tracker sehen können, kommen sie super vorwärts. Wenn es so weiter geht werden sie die Strecke in maximal 10 Tagen geschafft haben. Wow.

Aber wieder zurück zu uns. Wir warten also noch ein bisschen und viele andere um uns herum auch. Dieser Ankerspot ist bekannt dafür, dass hier die Schiffe für Neuseeland vorbereitet werden, es gibt ein Immigration-Office an Land und auch einen Shop zum Einkaufen. Ich denke, wenn das Hochdruckgebiet sich zeigt, werden wir nicht die einzigen sein, die die Überfahrt starten. Allerdings werden wir vorher noch in die Marina segeln, also nicht von hier aus starten, außerdem möchten wir noch ein bisschen segeln und werden somit ab Freitag spätestens noch mal ein bisschen weiterziehen. Wir Teilzeitnomaden.

Also, Visa-Anträge sind raus. Und während ich mich so mit Neuseeland beschäftige, kommt mir der glänzende Einfall, dass ich eigentlich lieber doch länger noch hier auf den Fijis bleiben möchte, denn von den aktuellen Temperaturen dürfen wir uns dort verabschieden. Brrrr. Noch bin ich nicht ganz bereit, und so trifft es sich doch ganz gut, dass sich die Abfahrt um ein, oder zwei Wochen verzögert. Wer hätte das gedacht.

in. da. club.

Nach dem Visa und Wetter-Check, Frühstück und alles durch war, ging es auch schon los zu unserem Lunchtime-Date an Land. Michael war auch noch nie hier in Musket Cove, so war das neu für uns alle. Irgendwie auch mal schön. Mit dem Dinghy angekommen schauten wir uns ein wenig um und siehe da: Shannon und ihre Schwester kommen uns freudestrahlend entgegen. Sie hatten ebenfalls gerade Lunch. Jim war nur im Gespräch anwesend, da die beiden sich erkundigten ob wir in der Nacht nach dem Lagerfeuer, denn auch alle schön von Elon geträumt hatten. Hatten wir nicht, aber wir haben tatsächlich einige Sachen recherchiert. Grundsätzlich sind wir aber dennoch mehr begeistert davon, wie jemand so ein riesiger Fan von Elon sein kann, als von Elon selbst, einfach weil es so neu für uns ist. Daran hat sich aktuell auch immer noch nichts geändert. Sorry, Jim. He’s yours.

Erneut von Shannon und ihrer Schwester verabschiedet, meldeten wir uns im Marina-Office an, um dann später im Restaurant essen zu gehen und… ehe wir uns versahen, sind wir knappe zehn Minuten später Lifetime-Member des Yachtclubs von Musket Cove. Crazy, oder? Wir haben zwar noch kein Boot, aber zumindest schon mal eine Mitgliedschaft in einem Yachtclub.

wenn ihr uns sucht… you find us in da club!

Das Ganze hat uns 10 FJ§ pro Person gekostet. Kann man machen, find ich. Jedenfalls haben wir unsere eingeschweißten Mitgliedsausweise mit Namen und allem pipapo erhalten, dazu den Hinweis: „Gut drauf aufpassen. Ist ein Leben lang gültig.“ Oh ja, das werden wir. Wir finden es so abgefahren und fancy, dass wir die auf jeden Fall behalten und außerdem, wollen wir ja auch wieder hier her zurückkehren.

Bringt uns viele Vorteile, da wir nun den Pool dort und die Duschen benutzen dürfen, den Müll entsorgen, den wir an Deck haben, wir können Trinkwasser holen, theoretisch und hier unbesorgt vor Anker liegen. Außerdem dort essen gehen und einkaufen, tanken geht auch. Ja, auch Segelboote brauchen ab und an Diesel.

Also. Willkommen im Yachtclub. In U N S E R E M Yachtclub!

food. lesson.

Da unsere Abfahrt sich ja nun noch ein bisschen verzögert, entscheiden wir uns auch für einen Besuch im Shop. Wir sollten frische Lebensmittel organisieren, diese gehen, wie ich euch schon schrieb, langsam zu Neige. Wir stöbern ein bisschen und sind alle sehr, sehr unentschlossen. Egal, wir werden jetzt was mitnehmen.

Gesagt, getan. Was liegt hier jetzt vor mir? Coconut Cookies und Rundkornreis. Wow! Und das, obwohl es hier Badewannen voll Essen gibt:

badewannen voll essen und im regal irgendwo: coconut cookies!

Na gut, war ein Scherz, wir haben auch noch 8 Tomaten, 2 Äpfel, 1 Stück Ingwer und 3 Habaneros. Außerdem einiges an Tütenmilch – der Rundkornreis soll nämlich Milchreis werden, da habe ich jetzt schon seit einer Woche Lust drauf und da es nur einen 2kg Pack gab, gibt es also vieeeel Milchreis, zumindest, wenn sonst nichts mehr geht. Okay, Risotto mach ich auch, nicht, dass es hier wirklich noch ‘ne Meuterei gibt.

Außerdem Schokolade, Käse, Wurst und ein Eis. So, das wars dann aber. Zugegeben, ist jetzt nicht so die Ausbeute, aber ehrlich, wir hatten gerade gegessen (übrigens hervorragend: Fish & Chips mit Salat. Super lecker. Es lebe die Lifetime-Membership!) und wie sollten wir dann bitte gute Entscheidungen für die nächsten zehn Tage treffen? Nicht möglich, aber hey, Coconut Cookies und Rundkornreis sind doch wirklich schon mal super!

Also, lesson for today: Entgegen der sonstigen Empfehlung, mit gefülltem (und nicht leerem) Magen einkaufen zu gehen, empfehle ich, um für zehn Tage auf See frische Lebensmittel zu bunkern, zumindest ein bisschen Appetit mitzunehmen. Von Coconut Cookies wird man dann doch nicht satt auf Dauer! Und ob 8 Tomaten und 2 Äpfel das Ganze wettmachen? Na, ich weiß ja nicht. Wir werden sehen…

Aber, dafür war die Zivilisation doch jetzt auch mal wieder ganz gut, denn ein bisschen was haben wir ja nun wieder an Bord.

So: keep. on. cooking.


P. S. Während ich gerade dabei bin, die Zeilen hier zu Ende zu schreiben, geht vor mir wunderschön die Sonne unter. Davon mache ich euch noch ein Foto:

3 Replies to “zivilisation.”

  1. … ich bin schon süchtig nach Deinen Zeilen – ich liebe es – auch Dich auf Podcast zu hören…. das ist so toll
    LG – aus dem schönen Herbst im Allgäu

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert