nightmare. dream. reality

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true. life. story.

Während ich heute Vormittag in der Pantry stand, fasziniert den Ofen betrachtete, der sich im Einklang mit den Wellen hin und her bewegt und dabei die frischen Brötchen backt, deren Teig ich am frühen Morgen vorbereitet hatte, kam mir eine äußerst tiefgründige Erkenntnis.

Und… was wäre denn so ein Blog und eine quasi Live-Berichterstattung von unterwegs mit all den Abenteuern, die mir auf Reise begegnen, wenn ich euch nur die super happy sunny side beschreiben würde, obwohl es doch auch diese kleinen Schattenseiten gibt, die –ich denke– ganz normal in eines jeden Menschenleben sind, über die aber eher selten berichtet wird. Das soll jetzt hier kein Downer werden Leute, eher ein Mutmacher, also keep going.

Alleine schon, dass ich überhaupt wieder unterwegs bin, beruht auf der Tatsache, dass ich mich fast zwang, in Bewegung zu bleiben. Und da schließt sich der Kreis zu meinem heutigen Backofen-Gedanken. Ich fand es so abgefahren, dass ich euch einfach ein bisschen darüber schreiben mag.

Hier auf dem Schiff sind wir nämlich i m m e r in Bewegung, selbst wenn wir sitzen, liegen oder so ruhig wie möglich stehen. Es schwankt in einer Tour (Rock ‘n‘ Roll). Solange es ein leichter Wellengang ist, gleicht der Körper das eigentlich wie von selbst aus. Man merkt es kaum, es bedarf aber dennoch einem guten Gleichgewicht und ständigen Muskelkontraktionen, vor allem, wenn man herumläuft. Bei stärkerem Seegang erfordert das dann alles schon ein bisschen mehr Koordination. Das Laufen fällt zunehmend schwerer bei ordentlich Krängung und Schaukelei. Richtig gut festhalten (hold fast) heißt die Devise und ist unumgänglich. Zielstrebig nach vorn laufend, macht das Bein schon mal andere Bewegungen als erwartet und fliegt mit der nächsten Welle gegen eine Türkante, die im Weg steht. Autsch. Ist mir allein heute schon drei- oder viermal derart heftig passiert, dass ich einmal dachte, mein Zeh wäre gebrochen.

Ist er aber nicht.

balance.

Jedenfalls, diese Bewegung, die wir auf dem Schiff hier ständig haben und ausgleichen (beim Backofen geschieht dies übrigens über eine Aufhängung, quasi wie ein Gimbal), ist im Endeffekt die Gleiche, die es in einem jeden Leben braucht, um im Gleichgewicht zu bleiben. Eine Art Justierung. Und genau das ist wohl auch der „move“, der mich wieder hat aufstehen und auf Reise gehen lassen. Während ich noch immer dabei bin, diese posttraumatische Belastungsstörung, die mich letztes Jahr ziemlich ausgeknockt hatte, irgendwie von den Hacken zu bekommen, und die mir netterweise auch immer wieder depressive Verstimmungen vorbei bringt, bleibe ich in Bewegung. Oder ich versuche es zumindest. Gelingt mir auch nicht immer so gut, auch hier nicht. Ja, richtig gehört, auch hier kommt sie mal vorbei und lässt mich einfach wissen, dass sie noch da ist. Das ist ok. Kann kommen, kann wieder gehen.

Zurück zum Thema. Glücklicherweise hatte ich mir schon früh, als ich merkte, da stimmt was nicht, und sich leichter Wellengang quasi nicht mehr wie von selbst ausgleichen ließ, und sich alles anfühlte als sei ich nur noch in schwerer See unterwegs, professionelle Hilfe geholt. Das heißt aber auch: harte Arbeit, hin gucken, hin fühlen, aus- und durchhalten. Dieses Durchhalten und das immer weiter dran bleiben, schenkt mir nun aber Mut und Zuversicht für solche Abenteuer. Ich erzähle euch das, da ich diese Lorbeeren nicht alleine einheimsen will. Denn alleine hätte ich es nicht soweit und vermutlich auch nicht so schnell geschafft.

Ist vielleicht ein bisschen vergleichbar mit einem gebrochenen Arm, der dringend gegipst werden muss, damit er heilen kann. Ohne Gips wird das sehr, sehr schwer und das Ergebnis meistens auch nicht wieder ganz so gut. Es braucht eben manchmal einfach Hilfsmittel. Und selbst wenns nicht ganz in Ordnung kommt, so ist es ein Teil von mir und darf gut integriert und trainiert werden. Wie eben der geschwächte Arm auch. Die Bruchstelle wird vielleicht immer etwas schwächer bleiben, aber das heißt ja nicht, dass der ganze Arm kaputt ist.

support.

Natürlich hat nicht allein die Therapie dazu geführt, sondern auch die Unterstützung und Hilfe meiner Ehefrau und auch von nahestehenden Personen, die –vielleicht ganz unbewusst– einen Teil mittragen. Nämlich den Teil, den man ihnen nicht verheimlicht, an dem man sie teilhaben lässt und die dadurch wissen, was mit einem los ist und verstehen können. Anfänglich war mir das überhaupt nicht möglich, es hat einige Monate gedauert, bis ich überhaupt wieder Kontakt zu irgendjemandem außerhalb haben konnte und wollte. Schritt für Schritt habe ich mich wieder heraus getraut und dann ging es eigentlich auch schon auf Entdeckungs-Reise. Erst die erste, in die wilde Walachei, dann die zweite nach Südamerika und jetzt diese hier, die aktuell unfassbarste. Ja, schaut euch das an. Ich habe einen Segelschein gemacht, aus dem tiefen Wunsch heraus, auf See zu fahren, da ich landmüde. ward, hab mich auf diesem Crewprofil angemeldet, auf dem Michael mich und uns gefunden hat und jetzt? Jetzt segle ich, gemeinsam mit Jasmin, im Südpazifischen Ozean und kann es jeden Tag immer noch nicht glauben!

Und das alles ist doch viel zu wertvoll, als das ich es nicht mit euch teilen wollte und sollte, denn ich möchte jedem einzelnen Mut schenken und die Zuversicht, dass sich dieses „dran bleiben“ und weiter machen lohnt. Dass Veränderung, so schwer sie auch ist, manchmal genau das Richtige ist. Ja, und manch einer mag jetzt sagen, es ist wohl eher eine Flucht, als eine Reise und ja, auch das mag in einigen Punkten schon sein, aber auch eine Flucht ist zumindest schon mal Bewegung und Bewegung ist besser als Stillstand. Denn Flucht kann ja bekanntlich auch nach vorn geschehen.

love. yourself.

Egal, ob auf Reise, Flucht oder einfach so, mitten im Leben, im Bleiben und im Sein, beim Suchen und beim Finden, ich wünsche uns allen, dass wir spüren, wie wertvoll wir sind, mit allem, was uns ausmacht und mit allem, was dazu gehört. Mit Fehlern und unseren einzigartigen special effects, mit Herz, Leib und Seele. Egal, ob wir Sonne oder Mond sind, laut oder leise, hell oder dunkel, melancholisch oder frohsinnig,… Ich wünsche uns, dass wir es immer wieder schaffen, unsere Bestimmung zu finden und fühlen, ihr zu folgen und das zu tun, was unser Herz erfüllt. Immer und immer wieder. Im Endeffekt wissen wir alle nicht, was “danach” kommt, also sollten wir dieses Leben – jetzt und hier – möglichst genießen und es so gestalten, dass es uns gut dabei geht.

Die Bewegung jedenfalls bekommt mir sehr gut und wie ich schon in lost. in. a. lost. world. geschrieben habe, es fühlt sich hier nicht mehr ganz so verloren an, vielleicht, weil alles so weit weg ist und ich jeden Tag damit beschäftigt bin, neue Dinge zu lernen. Ich eigne mir eine neue Fähigkeit an -das Yachtsegeln und zwar Offshore-, lerne über Wind und Wolken, über Wellen, komme den Sternen näher und beobachte Sonnenaufgänge bis zum Umfallen. Ertrage ihre Melancholie und liebe sie.

Springe immer wieder über meine Schatten der Angst und tue Dinge, von denen ich nicht geglaubt hätte, dass ich sie tue und das alles auch, weil ich hier zwei so wundervolle Menschen um mich herum habe, die mich dabei unterstützen und ermutigen.

Die mich einfach sein lassen, wie ich bin und mir stets die Hand reichen. Die mit mir sind und mit denen ich, egal welche fluxe Idee auch immer, teilen kann und die ihre Ideen mit mir teilen. Auch Michael hat viele davon, und er teilt sie mit uns. Er und seine Frau Sharon sind, so finde ich, mutig, bleiben ebenfalls stets in Bewegung und machen absolut ihr Ding. Ein eher unkonventionelles, aber absolut inspirierendes.

Ja, wir sprechen über unsere Ideen, Träume, Verrücktheiten, wir hinterfragen, sind auch kritisch und freuen uns gemeinsam. Wir spinnen genügend Seemannsgarn, einfach, weil es uns allen viel Freude macht und wir alle haben vermutlich mehr Träume, als die Wirklichkeit zerstören kann. Da hat man einfach Lust zu Sein!

happening.

Und dann das, während ich auf Reise bin und schreibe und so vieles mit euch teile, ergibt sich folgendes Ereignis. Plötzlich habe ich „Fans“. Ich habe scheinbar nicht nur viel zu erzählen, sondern durchaus auch was zu sagen. Das weiß ich, da viele von euch, die meinen Blog verfolgen, mich das immer wieder Wissen lassen und sich über mehr freuen. Einige von euch lesen jeden Morgen beim Kaffee, andere immer sonntags. Ich bekomme so viele wundervolle Nachrichten, die mich sehr tief berühren und natürlich riesig motivieren. Mit dem Aufzeichnen als Podcast, habe ich nun sogar schon meinen jüngsten Fan an Bord. Unseren Neffen Mario, bei ihm habe ich sogar Abenteuerlust geweckt. (Hey Mario, ich drück dich ganz fest und hoffe definitiv dass das mit den Delphinen irgendwann mal klappt!)

Last but not least, habe ich auch Fans, direkt an Bord. Jasmin und Michael wünschen sich j e d e n Abend, dass wir den Podcast gemeinsam über den Lautsprecher hören. Beim ersten Mal dachte ich, ich muss sterben und bin raus gegangen, an Oberdeck, habe die beiden allein hören lassen, da es mir so unangenehm war, dass ich am liebsten über Bord gegangen wäre, doch mittlerweile versammeln wir uns im Salon und hören alle gemeinsam, lachen, wenn es was zu lachen gibt oder lassen einfach das Geschehene oder Erlebte noch mal Revue passieren. Das sind sehr neue Erfahrungen, durchaus schöne.

just. a. number.

Ja, jetzt bin ich fast vierzig. Manche sagen, zu alt für so ein Leben und solch einen Lifestyle, doch ich sage und fühle, es ist genau richtig, denn besser jetzt als nie und egal wie alt man ist, man lernt doch eh nie aus und man ist auch nie zu alt um etwas Neues anzufangen. Das wiederum darf ich mir allerdings auch ständig und immer wieder vor Augen führen. Ist nicht ganz so einfach, aber die Wahrheit. Zu alt, gibts nicht!

Ich lerne jedenfalls noch so viel mehr dazu an Bord der Larabeck, und hier auf der anderen Seite der Welt, allein damit könnte ich vermutlich schon ein Buch füllen, vieles ist so neu für mich, ich komme mir manchmal wirklich vor wie ein Alien, alleine schon, beim Korallen-Schnorcheln, das hört einfach nicht auf, aufregend zu sein, oder zum Stammesführer zu gehen, ja, überhaupt, diese ganze Sache hier, mit einem wildfremden in eine Schiffs-WG zu ziehen, auf engstem Raum zu leben und diese Reise zu unternehmen. Das wäre vor einem halben Jahr noch absolut undenkbar gewesen. Unmöglich. Aber es ist passiert… und zwar, weil ich in Bewegung bin und mir immer wieder schön in den Poppes trete. Age is just a number – any. And life is a happening.

Lasst euch weiter begeistern und mitreissen und lebt eure Begeisterung. Ich unterstütze euch mental wo ich nur kann und alles andere, wird sich fügen.

Lesson for today: If it’s not a HELL YES! It’s a NO! (Und dieses Fiji nach Neuseeland-Ding hier war definitiv so ein HELL YESSSSSS!!!! und wäre trotzdem beinahe ins Wasser gefallen….puhhh, bin ich froh über das in den Hintern treten, selbst wenns mal was schwerer ist!)

Im Leben gibt es eben von allem etwas: Albträume, Träume und dann eben die Realtität, und an dieser können wir arbeiten und sie im besten Fall mitgestalten und das tue ich jetzt: Auf gehts… Segel klar machen und richtig setzen:

apropos bewegung: keep. on. moving.

5 Replies to “nightmare. dream. reality”

  1. Das war eine Überraschung, als dieses “Logbuch” auftauchte, nachdem Drücken auf den Link. Fein poetisch und trotzdem zeitgenössisch in schöner Schrift… Ein Genuss. Sogar die englischen Einsprengsel kann ich nicht nur gut haben, obwohl ich sonst diesbezüglich puristisch bin, sondern fand sie treffend.
    Deine Selbstbespiegelung macht Mut , selbst öfter in die blinden Flecken zu leuchten.
    Paradiesisch könnten wir es auf Erden haben. Deine Offenherzigkeit gibt Zuversicht.
    Übrigens Knochenruchstellen sind geheilt stabieler, hab ich mal gehört.
    Innehalten geht auch nur mit Bewegung, – wird mir gerade bewusst.
    Herzlich Euer Onkel

      1. Da schließe ich mich an, lieber Frank. Vielen Dank.
        Und… was das mit den Knochen angeht. Hmmm, das macht dann doch gleich sogar noch zuversichtlicher…
        Right?
        😉

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